Synthetische Pestizide – was ist das eigentlich?

Pestizide, auch Pflanzenschutzmittel genannt, sind chemisch-synthetische oder biologische Stoffe und Stoffkombinationen. Sie haben eine toxische Wirkung und werden mit dem Ziel der Bekämpfung von Pilz- und Viruserkrankungen bei Pflanzen, zur Vernichtung von Schädlingen und Unkraut sowie als Pflanzenwachstumsregulatoren hergestellt und angewendet. Synthetische Pestizide sind meistens stärker in der Wirkung, haben aber oft unerwünschte Nebenwirkungen auf Mensch und Mitwelt. Ihre Abbaustoffe, Metaboliten genannt, verbleiben manchmal während Jahrzehnten in den Böden und Gewässern.

7 Mythen der Pestizidindustrie

Ohne Pestizide brechen die Erträge ein – Falsch!

Wahr ist: Auch ohne synthetische Pestizide können Schädlinge bekämpft werden. Mit der Natur, statt gegen sie! Wichtig sind dabei robuste Sorten und ein gesunder Boden. Hecken, Brachen und Mischkulturen erhöhen die Vielfalt und locken Nützlinge an. Zudem arbeiten Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern mit Lockstoffen, Mikroorganismen und natürlichen Spritzmitteln zur Pflanzenstärkung.
Der Ertrag ist bei Bio zwar teilweise noch etwas geringer. Doch er holt auf. Und weil die Böden fruchtbar bleiben, werden auch kommende Generationen noch reichhaltige Ernten einfahren können.

Ohne Pestizide sinkt der Selbstversorgungsgrad – Falsch!

Fakt ist: Es gibt bessere Methoden, als mit Chemie ein paar Prozent mehr aus den Böden zu pressen und sie dabei unfruchtbar zu machen. Viel wichtiger ist, dass wir Food Waste stoppen. Denn heute landet ein Drittel der Lebensmittel im Abfall. Zudem sollten wir mehr Ackerland statt für den Anbau von Tierfutter direkt für die Ernährung der Menschen nutzen. Wenn wir alle etwas weniger Fleisch essen, erhöht sich der Selbstversorgungsgrad deutlich!

Ohne Pestizide keine Lebensmittelqualität – Falsch!

Wahre Qualität ist, wenn ein Lebensmittel gesund, schmackhaft und nicht mit Giften belastet ist. Denn die Rückstände synthetischer Pestizide können krank machen. Pestizidfreie Produkte sind gesünder und schonen die Umwelt. Dank neuen Züchtungen sehen Bio-Produkte zudem immer besser aus – und schon heute ist die Nachfrage nach Bioprodukten grösser als die Schweizer Produktion.

Ohne Pestizide werden Lebensmittel teurer – Falsch!

Der wahre Preis eines Produkts zeigt sich erst, wenn die Folgekosten der Produktion mit eingerechnet werden. Würde die industrielle Landwirtschaft selbst für die Schäden aufkommen, die sie anrichtet, wären ihre Produkte viel teurer. Der Bio-Preis ist der ehrliche Preis. Wer Bio kauft, zahlt derzeit noch etwas mehr. Die Preise werden jedoch sinken, wenn konsequent biologische Produkte gefördert und auch Forschung, Bildung und Beratung stärker auf Bio-Landbau ausgerichtet werden.

Pestizide sind geprüft und sicher – Falsch!

In Wirklichkeit ist die Sicherheit der Pestizide eine Illusion. Viele Risiken werden erst nach der Zulassung bekannt. Regelmässig verlieren bewilligte Pestizide ihre Zulassung deshalb wieder. Alleine zwischen 2005 und 2011 betraf das rund 100 Wirkstoffe. Ihre Spuren werden teils noch jahrzehntelang auffindbar sein. Mit unabsehbaren Folgen für Gesundheit, Umwelt und Biodiversität.

Ohne Pestizide keine Lebensmittelvielfalt – Falsch!

Biobäuerinnen und Biobauern beweisen bereits heute, dass es geht: Auf etwa einem Sechstel der Schweizer Landwirtschafts-Fläche wird biologisch produziert. Und das erfolgreich. Auch anspruchsvolle Kulturen wie etwa Gemüse, Äpfel oder Trauben gedeihen ohne synthetische Pestizide wunderbar: Dank resistenter, dem Standort angepasster Sorten und viel Know-how.

Nur dank Pestiziden verdienen Bauern genug – Falsch!

Wahr ist: Im Biolandbau verdienen die Bäuerinnen und Bauern oft besser, auch weil die Kosten für Pestizide und Kunstdünger wegfallen. Und weil sie für ihre Produkte besser bezahlt werden. Viele Betriebe, die umgestellt haben, berichten von positiven Auswirkungen nicht nur für die Umwelt, sondern auch für ihr Portemonnaie und ihre eigene Gesundheit.

Pestizidausstieg – wie kann das gehn?

Kein Mensch will Pestizide essen, kein Mensch will vergiftete Gewässer oder Trinkwasser mit Pestizidrückständen weit über den gesetzlichen Grenzwerten, kein Mensch will die Mitwelt und damit die Grundlage unserer Existenz, Landwirtschaft und unserer Versorgung gefährden. Was es für den Pestizidausstieg braucht?

Die Mythen der Pestizidindustrie widerlegt

Wir haben die Behauptungen von Syngenta und Bayer recherchiert, begründet und widerlegt.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit, JA. Es ist fast unmöglich Pestizid-unbelastete Lebensmittel zu essen. Je nach Anwendungstechnik und Aggregatzustand werden Pestizide nämlich bei der Ausbringung verdriftet oder ausgeschwemmt. Damit bleibt die Wirkung der Pestizide nicht nur auf die behandelten Flächen begrenzt, sondern betrifft letztendlich die gesamte Biosphäre. Tatsächlich werden Pestizidrückstände mittlerweile in den entlegensten Gebieten der Erde nachgewiesen: etwa in der Arktis, der Antarktis, in Hochgebirgen oder in der innersten Mongolei, Tausende Kilometer entfernt vom nächstgelegenen Anwendungsort. Besonders brisant: Auch biologisch bewirtschaftete Flächen werden dadurch kontaminiert.

Umweltfreundlich und gesundheitlich unbedenklich produzierte Lebensmittel sind in Wirklichkeit günstiger als mit synthetischen Pestiziden hergestellte. Das Gegenteil ist aber meistens in den Verkaufsregalen der Fall. Und der Handel schlägt auf ökologisch produzierte Lebensmittel eine grössere Gewinnmarge als auf das konventionelle. Diese höheren Margen bestrafen heute umweltbewusste Konsumentinnen, verzerren den Markt und stehen der Weiterentwicklung einer zukunftsfähigen Landwirtschaft im Wege. Werden die Initiativen am 13. Juni angenommen, würden sich die Verhältnisse umkehren und Bioprodukte nach und nach günstiger werden. Die konventionell hergestellten Produkte sind heute nur billiger, weil die Kosten, die sie in der Mitwelt und an unserer Gesundheit verursachen nicht im Preis eingerechnet sind.

Ein Labor untersuchte kürzlich den Urin von 33 Kindern. Bei allen fanden sich Rückstände von Pestiziden wieder.

Es wurden und werden immer wieder Pestizidrückstände in Proben von Plazenta-Gewebe und Muttermilch nachgewiesen.

Beim seit 2020 in der Schweiz verbotenen Chlorothalonil, einem Mittel gegen Pilzbefall bei Pflanzen, hatte man nach Jahrzehnten erst festgestellt, dass dessen langlebige Abbauprodukte ins Grundwasser sickern. Für diese besteht ein begründeter Verdacht auf krebserregendes Potential und allergisierende Wirkung. Das Mittel wurde seit den 1970er Jahren verwendet. Syngenta hat Einspruch gegen das Verbot erhoben.

175 einst bewilligten Pestiziden wurde von 2005-2020 die Zulassung wieder entzogen, vor allem wegen Gesundheits- und Umweltschäden. Pestizide sind also auch nach der Zulassung nicht sicher und ungefährlich!

Schon mal gemerkt, dass Du im Sommer kaum noch tote Insekten von der Windschutzscheibe Deines Autos kratzen musst? Gut zu wissen: Das Artensterben ist ein Kollateralschaden von Pestizidanwendungen. Denn Pestizide bekämpfen nicht nur Schädlinge sondern auch Nützlinge. Der Schwund der Biodiversität ist dramatisch.

In den Lehrbüchern fast aller Agrar-Fakultäten wird kein Anbauverfahren ohne Pestizideinsatz beschrieben. Studenten lernen, dass ein Landwirt in der ihm feindlich gesinnten Natur nur überleben kann, wenn er an beiden Händen von Bayer, BASF, Syngenta, oder wie auch immer die Protagonisten der Agrarchemie gerade heißen, geführt wird.

Der Biolandbau setzt nicht auf kurzfristige Symptombekämpfung mit synthetischen Pestiziden sondern arbeitet mit der Stärkung des Bodens, der Pflanzen, des gesamten Ökosystems. Die wenigen Produkte, die auch im Biolandbau eingesetzt werden sind nicht chemisch-synthetisch und werden nur im Notfall benutzt. Der biologische Landbau braucht heute noch einige natürliche Wirkstoffe, wie z.B. Kupfer, mit problematischen Nebenwirkungen. Es ist ein klares Ziel hierfür so bald wie möglich Alternativen zu finden und einzusetzen. Die Forschungsgelder fliessen aber zu weit über 90% in den konventionellen Landbau. Deshalb ist die Forschung im Biolandbau noch etwas im Verzug.

Die Schweiz hat sich vor 13 Jahren 39 Ziele für die Landwirtschaft gesetzt, die auf eine Verbesserung der Lage in den Bereichen Biodiversität und Landschaft, Klima und Luft, Wasser sowie Boden abzielen. Heute sind laut Bundesrat nur gerade sieben davon erreicht worden, bei neun ist keine Aussage möglich und die verbleibenden 23 wurden nicht erreicht.

Nein, wir haben viel zu viel. Eine ETH-Studie hat nachgewiesen, dass in der Schweiz ein Drittel aller Lebensmittel zwischen Feld und Teller im Abfall landet. Von den durch die Schweizer Landwirtschaft produzierten Nahrungsmitteln enden fast 225‘000 Tonnen als Lebensmittelverluste. Das sind mehr als 25 Kilo auf jede und jeden der 8.5 Millionen in der Schweiz lebenden Menschen. Ein grosser Teil davon sind Früchte, die in Bezug auf Aussehen, Form oder Qualität nicht den Erwartungen der Detailhändler entsprechen. Wenn wir zudem etwas weniger Fleisch konsumieren, dann können diese Flächen für den Anbau von Gemüse und andere menschliche Nahrung verwendet werden, statt für Futtermittel.

Pestizide auf der Alp – das kostenlose E-Booklet

Wildblumen, heilende Kräuter, kristallklare Bächlein, duftendes Heu und Kuhglockengeläut. Die Alp ist häufig ein Kraft- und Sehnsuchtsort, eine Landschaft, wo die reinste Milch, der gesündeste Käse herkommen. Und jetzt das. Dass auf der Alp giftige Chemie ausgebracht wird, dürfte dem überwiegenden Teil der Menschen neu sein und für einige Überraschung sorgen. Peter Jaeggi berichtet über seine Erfahrungen während der Recherchen.

Bio-Stiftung Schweiz im Gespräch – Der Podcast

Interessante und bekannte Persönlichkeiten aus Landwirtschaft, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft stellen sich den Fragen der Bio-Stiftung Schweiz. Entstanden sind sie im Vorfeld der Pestizid-Abstimmungen in der Schweiz im Juni 2021. Kann Bio die Welt ernähren? Wie sieht die Landwirtschaft der Zukunft aus? Was ist eigentlich True Cost Accounting? Dies und vieles mehr wird in diesen Podcasts beantwortet. Einfach mal reinhören …